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Freitagsfrage: Wie tief können die Anleihezinsen denn noch fallen?

Anfang dieser Woche ist die durchschnittliche Umlaufrendite aller Bundeswertpapiere erstmals ins Minus gerutscht, und noch heute droht auch bei den 10-jährigen Anleihen der Fall unter die Null-Linie. Die Rendite liegt bei 0,02 %. Wie tief aber können die Anleihenrenditen denn noch sinken?

Der extreme Rutsch der langfristigen Zinsen ist das Ergebnis der Notenbankpolitik. 0,0 % Leitzins, sogar -0,4% Einlagenzins für Banken bei der EZB und ein gewaltiges Ankaufprogramm von Anleihen durch die Zentralbank haben die Bondzinsen immer weiter gedrückt. Inzwischen zahlen Investoren 0,55% drauf, wenn sie Wolfgang Schäuble für zwei Jahre Geld leihen dürfen, fünfjährige Papiere  rentieren mit -0,43%. Etwa drei Viertel der gesamten Anleihen des deutschen Staates – und das sind über 1,6 Billionen Euro – liegen inzwischen im negativen Zinsbereich. Der Staat verdient damit klotzig am Schuldenmachen.

Vor allem das Anleihenkaufprogramm der EZB spricht dafür, dass ein Ende dieser wahnsinnigen Entwicklung noch nicht erreicht ist. Monat für Monat erwirbt Mario Draghis Behörde für 80 Milliarden Euro Anleihen, überwiegend Staatsanleihen, seit kurzem aber auch ganz ordinäre Unternehmensanleihen.

Dabei gibt es mehrere Beschränkungen: So darf die EZB nur Papiere mit 2 bis 31 Jahren Laufzeit kaufen, und die Rendite darf nicht niedriger liegen als der Einlagenzins, den Banken der EZB zahlen müssen. Am 16. März wurde dieser Satz von -0,3% auf -0,4% gesenkt. Ohne diesen Schritt hätte die EZB jetzt schon Probleme, genügend deutsche Staatsanleihen aufzukaufen, denn bis hinauf zu fast 8 Jahren rentieren Bundesanleihen niedriger. Durch die Anhebung kann die EZB jetzt immerhin noch Bonds ab 6 Jahren Laufzeit erwerben.

Da der Korridor für die EZB immer enger wird, muss sie also einen zunehmend größeren Anteil an langlaufenden Anleihen aufkaufen – und das drückt auch die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen, quasi dem Leitindex für den deutschen Rentenmarkt, so gewaltig. Druck kommt aber auch von den nun erlaubten Käufen von Unternehmensanleihen. Seitdem die EZB dieses Programm angekündigt hat, sind die Renditen der Firmenbonds mit guter Bonität in die Tiefe gerauscht, auf durchschnittlich 0,75% in der Eurozone. Da überlegt es sich so mancher Anleger, ob er doch nicht lieber die sichereren Staatsanleihen kauft.

Ist diese Abwärtsspirale noch aufzuhalten? Vorerst nicht so leicht, weil  die Zins- und Mengenpolitik der EZB noch mindestens bis März 2017 anhält. Bis dahin ist das Anleihenkaufprogramm vorerst terminiert. Und bis dahin wird die EZB rund 17% aller Euroland-Staatsanleihen besitzen. Da die Staaten bei weitem nicht so viel neue Schulden machen wie die Notenbank aufkauft, verschlechtert sich das Angebots-Nachfrage-Verhältnis immer weiter.

Dennoch gibt es zwei mögliche Entwicklungen, die in den kommenden Monaten ein Ende der Zinsspirale einleiten könnten: Erstens eine Leitzinserhöung in den USA, die das Renditeniveau weltweit etwas nach oben schieben könnte. Allerdings ist nicht vor Juli oder September mit so einem Schritt zu rechnen. Und zweitens ein Anspringen der Inflation. Davon ist zwar im Euroraum noch nichts zu merken, aber gegen Ende des Jahres könnte es sprunghaft nach oben gehen mit den Preisen – falls der Ölpreis nach seiner Verdoppelung seit Februar in der zweiten Jahreshälfte nicht einknickt.

Berechnungen zeigen, dass dann die Inflationsrate ziemlich schnell in den Bereich um 1,5% hochgetrieben würde, weil der Ölpreis dann die Inflation nicht mehr wie in den letzten Jahren dämpft, sondern erstmals wieder befeuert. Ob dann die Anleger noch bereit sind, so hohe Negativzinsen zu zahlen, ist fraglich. Schließlich sind die Anleihenzinsen jetzt auf dem niedrigsten Stand seit 500 Jahren – seitdem es derartige Daten gibt. Das hat Amerikas Anleihenguru, der Rentenfondsmanager Bull Gross von Janus Capital, herausgefunden. Weltweit liegen demnach die Renditen von Anleihen im Volumen von 10 Billionen Dollar im Minusbereich.

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