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Freitagsfrage: Was hat der DAX-Rekord mit dem negativen Realzins zu tun?

Was für ein Tag! Endlich ist die Marke gefallen: Der deutsche Leitindex DAX hat heute ein neues Allzeit-Schlußhoch von 8122 Punkten erreicht. Und das auch noch an einem Freitag. Doch was waren die Auslöser dafür – und wie geht es weiter?

Wie immer gibt es für solch eine Kursentwicklung eine Reihe von Einflussfaktoren:

1) die aktuell verbesserten Aussichten in den USA: Der US-Leitindex Dow Jones hatte es zuvor zumindest im Handelverlauf über die 15 000-Punkte-Marke geschafft, nachdem überraschend gute Arbeitsmarktzahlen veröffentlicht worden waren.

2) Die veröffentlichte Meinung in Deutschland und Europa (wahlweise „Finanz-, Wirtschafts-, Schulden- und Eurokrise“): Sie ignoriert schon seit längerem die positive Grundstimmung an den Finanzmärkten – und damit die Tatsache, dass an den Börsen nicht die Vergangenheit und Gegenwart, sondern die Zukunft „gehandelt“ wird“. Dabei ist zumindest hierzulande die Lage eigentlich viel besser als die veröffentlichte Stimmung.

3) Die Politik der offenen Geldschleusen der Europäischen Zentralbank (EZB). Durch den Kauf von Staatsanleihen drückt sie – auf einer Linie mit den übrigen wichtigen Zentralbanken der Welt – die Renditen für die Papiere. Anleger in diesen Bonds erhalten keinen Inflationsausgleich mehr und werden auf diese Weise über die Jahre schleichend enteignet. Bekanntlich hatte die EZB außerdem am Donnerstag, 2. Mai, den Leitzins von 0,75 Prozent auf den neuerlichen Rekordniedrigzins von 0,5 Prozent abgesenkt. Damit hat sie die Geldanlage-Sorgen der Anleger weiter verschärft, die sich noch immer nach besonders hoher Sicherheit sehnen.

4) Der negative Realzins: Da der Leitzins zuletzt immer weiter gesunken ist, liegt die Inflationsrate schon seit mehr als zwei Jahren oberhalb des Leitzinssatzes. Im Klartext: Der um die Inflationsrate bereinigte Zins, der Realzins, ist damit auch für Bankeinlagen negativ. Anleger werden schleichend enteignet.

5) Der Anlagenotstand: Die Sparer stecken immer mehr in einen Zwickmühle. Staatsanleihen von Schuldnern hoher Bonität wie Deutschland bieten nur Mini-Erträge. Aus Angst vor Risiko haben Privatanleger viel Geld auf Tages- und Termingeldkonten gebunkert. Auch dort erhalten – von wenigen Ausnahmen abgesehen – allenfalls noch Neukunden befristet auf Aktionszeiträume einen Mini-Ausgleich für die Inflationsrate von aktuell 1,4 Prozent in Deutschland. Die Direktbanken wie die ING-Diba sind in der aktuellen Zinssituation ebenfalls nicht mehr wirklich scharf auf neue Einlagen. Die Bank hat Ende April den Zinssatz von 1,5 Prozent für Neukunden, die das erste Tagesgeldkonto eröffnen, auf Einlagen bis 100 000 Euro begrenzt. Für alle anderen gibt es noch ein Prozent. Festgelder werden nur noch für Laufzeiten von sechs oder zwölf Monaten angeboten. Ob Direktbank oder Sparkasse – Institute, für die die Einlagenfinanzierung wichtig sind, leiden unter dem immer stärker werdenden Druck auf ihre Zinsmarge. Wenn Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon davor warnt, Anleger würden mit zu niedrigen Leitzinsen „auch bei moderaten Preissteigerungsraten immer stärker zu ungefragten Solidarmaßnahmen zur Entschuldung von Euro-Staaten herangezogen“, drückt sich darin auch die Sorge um die eigene Profitabilität aus.

Fazit: „Was als Anlagealternative bleibt, ist der Aktienmarkt“, sagt etwa Robert Halver von der Baader Bank. Und spricht damit aus, was gegenwärtig die herrschende Meinung unter Finanzexperten ist. Doch die herrschende Meinung spiegelt sich auf absehbare Zeit noch nicht in den Portfolios von institutionellen geschweige denn privaten Anlegern wider. Institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen weisen noch immer sehr niedrige Aktienquoten auf – sprich: Sie haben noch viel Nachholpotential. Doch selbst wenn sie ihre Aktienquoten nur geringfügig erhöhten, würde das Milliardensummen an die Börsen spülen.

Bei noch immer moderater Bewertung gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis zahlen viele AGs Dividendenrenditen, die man in früheren Zeiten nur von Anleihen kannte. Vor allem mit Aktieninvestments lassen sich daher derzeit Renditen erwirtschaften, die den negativen Realzins ausgleichen können. Auch die Notenbanken selbst sind dazu übergegangen, ihre Devisenreserven am Aktienmarkt anzulegen.

All das spricht für mittelfristig weiter steigende Kurse von Dividendentiteln. Nur eines lässt mich wirklich skeptisch werden: Die Finanzexperten sind sich eigentlich viel zu einig in ihrer Meinung.

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