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Freitagsfrage: Warum ist die US-Geldpolitik viel aggressiver als die europäische?

Die Ankündigung von US-Notenbankchef Ben Bernanke, mit dem Aufkauf von Staatsanleihen im Wert von 600 Milliarden Dollar die Geldschleusen weiter zu öffnen, hat harsche Kritik ausgelöst. Vor allem in Europa fragen sich Politiker, Banker, Analysten und Anleger: Warum agiert die Fed aggressiver als die EZB – obwohl Europa ähnliche Probleme plagen wie die USA?

In den USA soll die Wirtschaft nach der jüngsten OECD-Prognose 2011 zwar nur um 2,2 Prozent wachsen – in Euroland mit 1,7 Prozent aber noch schwächer, die Arbeitslosenquote soll in beiden Regionen nur minimal von knapp zehn Prozent derzeit auf 9,5 Prozent sinken, und die Inflationsrate veranschlagen die OECD-Forscher dies- und jenseits des Atlantik fürs nächste Jahr auf lediglich gut ein Prozent. Obwohl die USA wie der Euroraum also unter einer Wachstumsschwäche mit hoher Arbeitslosigkeit ächzen und die Inflation vorerst kein Thema ist, wirft die Fed ihr gesamtes Waffenarsenal in die Schlacht, während die EZB still hält.

Diese extrem unterschiedlichen Politikansätze hängen vor allem mit dem verschiedenartigen Auftrag ab, den die beiden Notenbanken haben: Während die EZB einzig und allein der Stabilität des Geldwerts verpflichtet ist, soll die Fed sowohl die Inflation im Zaum als auch die Wirtschaft in Gang halten und somit die Arbeitslosigkeit bekämpfen. „Unser erstes Ziel ist es, Preisstabilität und maximale Beschäftigung in den USA zu erreichen“, sagte Bernanke vor wenigen Tagen in einem Vortrag vor Studenten in Florida. Klar, dass seine Aufgabe damit viel schwieriger ist als die von EZB-Chef Jean-Claude Trichet. Er muss zwei sich häufig gegensätzlichen Zielen gerecht werden. Und da glaubt Bernanke, dass er angesichts einer weit unter der Fed-Zielmarke von rund zwei Prozent liegenden Inflationsrate gar keine andere Wahl hat, als die Konjunktur so stark anzuheizen, dass die hartnäckige Arbeitslosigkeit sinkt – ungeachtet möglicher langfristiger Inflationsgefahren.

In den letzten beiden Jahrzehnten hat diese duale Aufgabe bereits zu vielen Verwerfungen geführt. Weil die US-Notenbank stets sofort reagiert hat, als die Konjunktur in Gefahr geriet, hat sie immer und immer wieder den Geldhahn aufgedreht – und mit diesem Liquiditätsüberschuss so manche Blase in den USA und außerhalb befeuert. Die Immoblienblasen sind ja noch in schlechter Erinnerung. Deshalb gewinnt jetzt sogar in den USA die Diskussion an Fahrt, wie die von der Politik vorgegebenen Ziele der Fed neu definiert werden könnten, um so massive Markteingriffe wie jetzt mit dem Kauf von Staatsanleihen künftig zu unterbinden.

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