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Freitagsfrage: Algo-Trading – Fluch oder Segen?

Angst, Gier, Emotionen? Computer kennen derlei Gefühlsduseleien bekanntlich nicht. Daher liegt es nahe, das Investmentfirmen vermehrt Computern die Anlageentscheidungen an der Börse überlassen – zumal sie viel schneller handeln können als Börsenhändler aus Fleisch und Blut. Das so genannte Algo-Trading ist daher immer stärker im Kommen. Ist das positiv oder negativ zu bewerten? Die Meinungen gehen auseinander.

Unter Algo-Trading versteht man den von Computern auf Basis von genau festgelegten Rechenregeln (Algorithmen) veranlassten Kauf und Verkauf von Wertpapieren. Diese Handelsregeln basieren laut Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in der Regel auf quantitativen Modellen, die sowohl historische als auch aktuelle Marktdaten berücksichtigen. Je nachdem, wie die Computer „gefüttert“ wurden, handeln die Rechner auch ganz allein ohne Eingriff von Menschenhand.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Sie können schneller als ein Mensch in Sekundenbruchteilen auf Kursänderungen reagieren. An der Deutschen Börse zum Beispiel entfielen 2009 rund die Hälfte der Umsätze bei der Handelsplattform Xetra bereits auf das Algo-Trading. Heftig umstritten ist aber, ob Algo-Trading vornehmlich Kursschwankungen abmildert, da dessen hohe Handelsaktivität die Liquidität im Markt erhöht, oder im Gegenteil zu erhöhten Kursausschlägen an den Börsen führt. Vermutlich ist an beidem etwas Wahres dran – allerdings sind die Folgen von Kursstürzen aus dem Nichts heraus so gravierend, dass die Vorteile dagegen verblassen.

Erinnern Sie sich an den Chaostag an der New Yorker Börse am 6. Mai? Was ganz genau den zwischenzeitlichen Kurssturz von in der Spitze rund 1000 Indexpunkten beim Dow Jones ausgelöst hat, ist noch immer nicht ganz klar. Es war der schnellste und tiefste Absturz in absoluten Punktewerten in der Geschichte dieses Index. War es ein fataler Tippfehler eines Händlers oder eine kollektive Panikattacke wegen der Griechenlandkrise? Fakt ist: Rein computergestützte Auftrage haben dazu beigetragen, den dramatischen Absturz noch zu beschleunigen; Händler aus Fleisch und Blut dagegen haben vergleichsweise besonnen reagiert, so dass der Dow am Ende „nur“ mit einem Minus von rund 3,2 Prozent den Katastrophentag beschloss.

Klar ist: Wahr geworden ist, was Experten in einer Umfrage des ZEW erst vor kurzem geäußert hatten – ein gefährlicher Domino-Effekt: Denn wenn viele Trading-Computer ihre Aufträge nach ähnlichen Regeln aufgeben, kann es bei gewissen Marktkonstellationen dazu führen, dass innerhalb kürzester Zeit eine Flut von Verkaufsaufträgen auf den Markt kommt – und ein Kursverfall auch ohne dramatisch geänderte Fundamentaldaten die Folge ist.

Aus meiner Sicht ist klar: Wer die Vorteile des Computerhandels nutzen möchte, muss sich gefallen lassen, dass mögliche Negativfolgen begrenzt werden. Die Börsen müssen daher etwa ihre Regeln zur Handelsunterbrechung überarbeiten und an die neuen Anforderungen anpassen; sie müssen dafür gewappnet sein, dass sich Algo-Trading binnen Millisekunden vollzieht. Auch wenn jetzt viele aufschreien: Die Gesetzgeber der wichtigsten Finanzmärkte sollten sich überlegen, ob es nicht doch sinnvoll ist, einen Börsenzwang für die meisten gehandelten Produkte festzuschreiben, auf verschärfte Transparenz und vielleicht auch auf eine gewisse Entschleunigung des Handels zu setzen, wie auch immer die aussehen kann. Denn es steht einfach zu viel auf den Spiel, als das ein paar streng logisch arbeitende Computer die Börsenwerte von Großkonzernen pulverisieren dürfen – immer auf der Suche nach einem gewinnträchtigen Trade.

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