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Die Versicherungskunden schauen in die Röhre

Die Hiobsbotschaften für die Kunden der Lebensversicherungen haben sich in den letzten Wochen beängstigend gehäuft. Die Erträge aus den meisten der fast 90 Millionen Policen leiden darunter erheblich – und ein Ende Talfahrt der Renditen ist noch lange nicht in Sicht.

Als die europäische Versicherungsaufsicht Ende November die Ergebnisse ihres Stresstestes bekanntgab, war das Ergebnis noch niederschmetternder als erwartet: Fast ein Viertel der 167 untersuchten europäischen Versicherer geraten demnach in ernste Schwierigkeiten, wenn das Zinstief noch lange anhält. Besonders betroffen sind die Assekuranzunternehmen aus den Ländern, in denen die Zinsgarantien besonders lang gelten – wie in Deutschland, wo die Zinsversprechen der normalen Kapital bildenden Lebensversicherung oft 40 und mehr Jahre laufen. Die Aufsichtsbehörde erwartet zwar Probleme erst in 8 bis 11 Jahren – aber für die meisten Versicherungskunden ist das kein Trost, fällt diese Zeitspanne doch in ihre Versicherungslaufzeit.

Die zweite Hiobsbotschaft kam von der Allianz Lebensversicherung, dem Marktführer in Deutschland. Die Allianz gab vorige Woche bekannt, sie werde die laufende Verzinsung für 2015 um weitere 0,2 Prozentpunkte auf 3,4 % reduzieren. Die Vorgaben der Allianz bedeuten meistens ein Signal für die Zinsfestlegung der Konkurrenten – und da sieht es vermutlich noch düsterer aus. Ratingagenturen rechnen mit 0,25 bis 0,35 % Abschlag – von durchschnittlich 3,45 % auf nur noch 3,1 bis 3,2 %.

So eine Rendite schaut angesichts der Nullzinsphase auf den ersten Blick gar nicht so übel aus. Allerdings bezieht sich dieser Zinssatz, der aufgrund älterer höher verzinster Papiere zustande kommt, nicht auf die gesamten Einzahlungen, sondern nur auf den Sparanteil, der in der Regel rund 75 % ausmacht. Bei den Kunden kommen somit nur noch 2,3 bis 2,4 % an, bei einigen Versicherern, die bereits 2014 weniger als 3 % gutgeschrieben haben, sogar noch viel weniger.

Allerdings werden bei den Versicherungen längst nicht mehr alle Kunden gleich behandelt. Fein heraus sind diejenigen, die die bei Vertragsabschluss noch 4,0 %, 3,5 % oder neuerdings 3,25 % als Mindestzins garantiert bekommen hatten. Deren Bevorzugung aber geht voll zu Lasten aller anderer Kunden, die weniger als 3,25 % Mindestzins festgeschrieben haben. Denn um die höheren Ansprüche aus den früheren Garantien zu erfüllen, müssen die Versicherungen vor der Verteilung der Erträge Zinszusatzreserven bilden, und das geht voll zu Lasten der übrigen Kunden, die damit noch weniger vom Kuchen abbekommen als ohne diese Regelung. Zumal die Regierung ja im Sommer den Anspruch der Kunden an den Bewertungsreserven von Anleihen stark eingeschränkt hat.

Bundesbürger, die sich jetzt überlegen, noch vor Jahresende eine Lebensversicherung abzuschließen, um sich die jetzige Mindestverzinsung von 1,75 % zu sichern – bevor es ab 2015 1,25 % werden – sollten sich das deshalb mehr als zweimal überlegen. Denn die Pein der Versicherungskunden ist noch lange nicht zu Ende. Immer mehr ältere Anleihen mit höherer Verzinsung laufen aus und werden durch Papiere ersetzt, die bei guter Bonität nicht einmal mehr 1 % Rendite bringen. Da lässt es sich leicht ausrechnen, dass die laufende Verzinsung in den nächsten Jahren weiter sinken wird – und dass damit bald die Kunden mit geringem Mindestzins – also auch die, die jetzt neu abschließen – auch noch die Versicherten mit 3 % Garantiezins mitfinanzieren müssen. Die letzten beissen also die Hunde.

Jetzt rächt es sich eben gewaltig, dass Lebensversicherungen nicht viel mehr sind als überdimenionierte Rentenfonds. Denn 90 % der Kundengelder werden in Festverzinslichen angelegt, und gerade einmal 3 % in Aktien. Da ist das ewig lange Zinstief tödlich. Für dieses Ungleichgewicht müssen die Kunden deshalb jetzt schon seit Jahren bitter büssen – oder anders ausgedrückt, einen hohen Preis für vermeintliche Sicherheit zahlen.

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