„Durften“ Sie schon mal ein Protokoll schreiben – am besten noch von einer Veranstaltung, die langwierig war und ein schwammiges Thema zum Gegenstand hatte, das aber für Sie selbst heikel war? Bei so etwas zieht man sich bekanntlich am einfachsten aus der Affäre, wenn man sich auf wenige bare Fakten beschränkt – und möglichst insbesondere die Punkte aufführt, die einem selbst nutzen, ohne dass die anderen das freilich so genau mitbekommen. So ähnlich verfahren offenbar derzeit die deutschen Banken mehrheitlich beim ungeliebten Beratungsprotokoll, das seit Jahresbeginn 2010 Pflicht ist.
So sieht das jedenfalls die Finanzmarktaufsicht Bafin: In den Beratungsprotokollen, die in Deutschland seit Jahresbeginn zum Einsatz kommen, wimmelt es von Textbausteinen und Floskeln – und nicht selten verstoßen die Papiere offen gegen die Gesetzeslage. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Bafin von rund 1100 Beratungsprotokollen.
Die Aufsichtsbehörde kritisiert vor allem, dass die vom Kunden geäußerten wesentlichen Anliegen nicht immer in der vom Gesetzgeber vorgesehenen Weise dokumentiert werden. Die Beratung ist dann aber nicht ausreichend transparent. Ähnliches hatten zuvor schon Verbraucherschützer moniert.
Doch es kommt noch schlimmer: Per Gesetz ist es nicht vorgesehen, dass Verbraucher das Protokoll zu unterzeichnen haben. Verbraucherschützer und Anwälte raten sogar ausdrücklich davon ab. Die Bafin-Auswertung zeigt nun, dass sogar die Mehrheit der befragten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute eine Kundenunterschrift unter das Beratungsprotokolls verlangt. Ein Viertel der Institute geht sogar so weit, die Ausführung des Wertpapiergeschäfts abzulehnen, wenn der Kunde nicht unterschreibt. Die Bafin will daher bei den Banken darauf drängen, ihre Beratungspraxis zu verbessern. Ob das fruchtet, bleibt abzuwarten. Klar ist also: Die Anlageberatung wird durch die Protokollpflicht stärker formalisiert, doch ob die Beratung dadurch besser wird, darf bezweifelt werden.
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