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Freitagsfrage: Wer trickst bei der Steuer?

Steuerfahnder treten in der Regel öffentlich nicht auf. Doch der Ex-Fahnder Frank Wehrheim packt aus und redet ganz offen
über Offshore-Leaks und Lücken im Steuersystem. Im Interview, geführt auf dem „private banking kongress“, verrät der Profi,
der heute als Steuerberater arbeitet, auch die Fehler von Steuerhinterziehern.

Die besten Informationsquellen für einen Fahnder sind
ehemalige Mitarbeiter, Ehefrauen und Ex-Geliebte, weiß Wehrheim. „Da sind die Männer
schon fertig, bevor die Fahnder anfangen“, sagt er. Die klassischen Steueroasen
sind Österreich und Luxemburg, Liechtenstein, aber auch Singapur stehen
ebenfalls immer wieder auf der Liste der Kunden.

Oft würde das Geld im Ausland
nicht nur aus steuerlichen Gründen angelegt, sondern weil sich die Menschen um
den Wert des Euro sorgen und gern Geld in anderen Währungen und Ländern haben
wollen — so zumindest begründen das seine Kunden, wenn sie ihn als
Steuerberater aufsuchen. Häufig kommen auch ältere Bürger, die ihr Geld wieder nach
Deutschland zurückholen und ruhig schlafen wollen. Daher bearbeitet Wehrheim
heute auch viele Selbstanzeigen.

Was viele Steuerhinterzieher unterschätzen:
Steuerrechtliche Forderungen verjähren nach zehn Jahren. „Werden Ermittlungen
eingeleitet, kommen schnell noch ein oder zwei Jahre Ermittlungsarbeit hinzu.
Dann sind Steuernachzahlungen für zwölf und mehr Jahre fällig, die obendrein
mit sechs Prozent verzinst werden müssen“, erklärt Wehrheim. Da seien viele
finanziell am Ende.

Er ist aber überzeugt, dass Gefängnisstrafen nicht
abschrecken. Eine Kombination von Bewährungsstrafe und sehr hohen Geldstrafen,
die mindestens der Höhe der Hinterziehung entsprechen, sind seiner Ansicht nach
besser als eine Gefängnisstrafe. Es weiß aber ebenfalls, dass viele Bürger — auch die Reichen
und die Unternehmer —ordnungsgemäß buchen und Steuern bezahlen.

„Die
Bereitschaft der Bürger Steuer zu zahlen ist aber deshalb gering, weil viele
Bürger kein Einsehen in das Ausgabeverhalten der Politiker haben“. Generell
seien die Möglichkeiten der Otto-Normal-Verbraucher bei der Steuererklärung zu
tricksen, sehr begrenzt und würden schnell erkannt. „Da werde gern mal an den
Kilometern der Fahrten zwischen Wohnungs- und Arbeitsstätte geschummelt, aber
das merken die Finanzbeamten schnell.“

Die dümmsten Fehler machten Anleger aber, wenn sie Geld über
die Grenze schmuggelten und dann Kontounterlagen mit über die Grenze nehmen
würden, meint Wehrheim. „Bei mehr als 30 Prozent der Grenzkontrollen in
Luxemburg werden die Fahnder fündig, weil die Bürger ihren Beleg mit sich
führen“. 

Die Steuerfahnder konzentrieren sich vornehmlich auf die
Reichen sowie auf Selbständige. Sie wissen, dass die Möglichkeit zum
Steuerbetrug vor allem in Geschäften, bei denen Bargeld eine große Rolle
spielt, einfacher ist als in anderen Bereichen. Besonders schwer sind die
Ermittlungen hingegen bei Trusts. Die seien oft komplex konstruiert und es sei
schwer an Informationen aus dem Ausland heranzukommen, berichtet der ehemalige
Fahnder.

„Hinter den derzeit
breit diskutierten Offshore-Leaks stehen nicht immer Steuerhinterzieher“, meint
Wehrheim. Zum Teil sei das auch Steuervermeidung. „Gunter Sachs ist der
Zumwinkel der Open Leaks, offensichtlich haben die Medien kein prominenteres
Opfer gefunden“. Wie viel hier am Ende herauskomme, sei noch völlig offen.
Ebenso, ob die Steuerbehörden an die Daten kommen.

„Die Steuerfahndung lohnt, ein Fahnder holt ein Mehrfaches
seines Gehalts rein“, sagt Wehrheim über die rund 2500 Steuerfahnder der
Republik. Scharf kritisiert er aber die aktuelle Organisation: „Wir müssen weg
vom föderalistischen Gedanken, der Länderfinanzausgleich ist Unsinn“. Wenn ein
Bundesland Steuern eintreibt, fließt das Geld in den Länderfinanzausgleich. Die
Kosten für die Beamten trägt jedoch die Länderfinanzbehörde, daher ist der
Anreiz mehr Fahnder einzusetzen bei vielen Ländern gering. „Wir brauchen daher
einen Bundessteuerfahndung“, so die klare Forderung.

Wehrheim geht sogar so weit zu fragen, ob die Steuerbehörden
nicht ähnlich wie in den USA Provisionen für Informanten bezahlen sollten. In
den USA fließen hier beispielsweise bis zu 30 Prozent. Wehrheim sagt selbst,
hierzu würden zwei Herzen in seiner Brust schlagen, doch darüber sollte eine
offene Diskussion geführt werden.

Frank Wehrheim war 28
Jahre Steuerfahnder in Frankfurt und veröffentlichte 2011 das Buchs „Inside
Steuerfahndung“. Seit acht Jahren arbeitet er als Steuerberater. Wir trafen ihn
diese Woche in München auf dem  „private
banking kongress“.  
Quelle: Ch. Scholtysik, P. Hipp / private banking magazin

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