Mehr Lebensversicherungen
als Einwohner gibt es in Deutschland. Doch das bisherige Modell der
Kapitallebenspolice wird offenbar zum Auslaufmodell. Bislang bekamen
Versicherungskunden auf den Sparanteil ihrer Police (Vorsicht: das ist nur der Teil, der übrig bleibt, wenn die – zum Teil ziemlich saftigen – Vertragskosten abgezogen werden) auf jeden Fall zumindest den Garantiezins gut geschrieben.
Bislang war
er häufig ein wichtiges Verkaufsargument, zog aber in den letzten Jahren immer
weniger. Denn in früheren Jahren betrug der Satz schon mal vier Prozent,
aktuell sind es nur noch magere 1,25 Prozent – angesichts der anhaltenden
Minizinsphase aber unausweichlich. Wichtig zu wissen: Gibt es Änderungen an dem
Satz, betrifft er jeweils nur Neuverträge, nicht bestehende Policen. Wer also
noch einen Altvertrag mit vier Prozent laufen hat, sollte sich bequem
zurücklegen.
Der umgangsprachlich
Garantiezins genannte Höchstrechnungszins ist der maximale Satz, den
Assekuranzen ihren Kunden fest versprechen dürfen. Künftig will das
Finanzministerium, das diesen Satz auf Basis von Empfehlungen von
Versicherungsmathematikern und der deutschen Finanzaufsicht vorschreibt, nur
noch kleinere Assekuranzen vorgeben, größere Gesellschaften sollen frei sein,
ob sie noch ein Versprechen abgeben – und wie hoch das ausfällt.
Hintergrund
der Änderung: Der Plan, den Höchstrechnungszins abzuschaffen, ist laut
Finanzministerium eine Folge aus dem Inkrafttreten des neuen
Regulierungssystems Solvency II, das ab 1. Januar 2016 in ganz Europa gilt.
Versicherer müssen demnach ihre vorhandenen und die zum sicheren
Geschäftsbetrieb erforderlichen Eigenmittel aus Risikomodellen und Marktwerten
herleiten. Garantien zu geben dürfte damit teurer werden als bisher schon.
Zwar
betrifft
die Änderung Bestandsverträge nicht unmittelbar, dennoch befürchtet der Bund
der Versicherten negative Auswirkungen. „Zwar sind
die Garantien schon bestehender Verträge ziemlich sicher, die neuen Maßnahmen
der Bundesregierung werden aber negativ auf die Überschüsse durchschlagen“, meint
Axel Kleinlein, Vorstandsprecher des BdV. „Fehlt der Wettbewerb bei klassischen
Tarifen, dann werden die Überschüsse der Altbestände automatisch sinken.“ Die
Überschüsse in den Beständen der klassischen Tarife dienten bisher als
Verkaufsargument für den Vertrieb von Neuverträgen mit Garantiezins. Werden nun
nur noch Produkte ohne Garantien vertrieben, verlieren die Versicherer den
Anreiz, Altverträgen hohe Überschüsse zuzuweisen, befürchtet Kleinlein. Verschwindet
der einheitliche Garantiezins, werde der Wettbewerb zudem intransparenter, so
der BdV.
Aber auch auf der Gegenseite, bei den Versicherungskonzernen, ist man nicht begeistert: „Zur Gewährleistung
langlaufender Lebensversicherungsprodukte mit Zinsgarantien, die nicht gegen
Zinsänderungsrisiken abgesichert sind, ist auch in Zukunft eine Vorgabe für den
höchstzulässigen Rechnungszins nötig“, kommentiert Peter Schwark, Mitglied der
Hauptgeschäftsführung des GDV .
Meines Erachtens können Verbraucher das beschlossene Ende des Garantiezinses ruhig zum Anlass nehmen, bei ihrem Sparen für später und der Altersvorsorge künftig auf transparentere, aber auch flexiblere Produkte zu setzen. Schon jetzt waren die Ablaufleistungen von Versicherungen für viele Kunden eher enttäuschend. Was
spricht daher dagegen, im Wege von Fonds- oder Indexfondssparplänen auf Renten
sowie breit streuende Aktienindizes für später zu sparen? Wer seine Familie
gegen den Tod des Hauptverdieners absichern möchte, kann das kostengünstig und
passgenauer über Risikolebenspolicen bewerkstelligen. Und wer über 15 Jahre und
länger durchhält und diszipliniert monatlich spart, der hat gute Chancen, sich
einst über deutlich höhere Renditen zu freuen als mit mancher aktuell
angebotenen Police mit Garantie drin ist.
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