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Freitagsfrage: Warum soll der Garantiezins in der Lebensversicherung weiter sinken?

Positive Produkt-PR sieht wahrlich anders aus: Die Deutsche Aktuarvereinigung hat vorgeschlagen, den Rechnungszins in der Lebensversicherung ab 2015 erneut zu senken – auf dann womöglich nur noch 1,25 Prozent. Niemand ist begeistert, auch nicht die Versicherungsbranche. Doch warum wird der Zins weiter sinken müssen?

Die Deutschen lieben Lebensversicherungen – es gibt mehr Policen als das Land an Einwohnern hat. Zum Vergleicht: Nicht einmal 14 Prozent aller Deutschen sind direkt oder indirekt Aktionäre. Kein Wunder, dass der Höchstrechnungszins ein äußert sensibles Thema ist, sagt er doch aus, mit welchem Zins der Sparanteil einer klassischen Lebens- oder Rentenversicherung mindestens verzinst wird. Vorsicht: Damit ist leider nicht die Verzinsung des gesamten Beitrags gemeint, sondern nur des Kapitalstocks, der aus den Beiträgen nach Abzug von Kosten (um die zehn Prozent des eingezahlten Geldes) gebildet wird.

Da wirkt es auf Kunden beruhigend, wenn sie eine möglichst passable Garantieverzinsung auf ihre Police erhalten; der bei Vertragsabschluss geltende Satz bleibt über die gesamte Vertragslaufzeit gleich. Seit Anfang 2012 steht der Satz unverändert bei 1, 75 Prozent, was ohnehin schon nicht gerade prickelnd ist gegenüber Policen aus den 1990er Jahren, bei denen zum Teil 4 Prozent Garantieverzinsung drin waren. Die jährlich durch die Unternehmen erzielte, in der Regel höhere Verzinsung des eingezahlten Kapitals wird den Kunden über diverse Überschüsse zugeschrieben. 2013 erzielten deutsche Rentenversicherungen
im Durchschnitt eine laufende Verzinsung von 3,6 Prozent, 2014 sinkt der Wert allerdings auf 3,4 Prozent ab. Die tatsächliche erwirtschaftete Rendite ist bei vielen Versicherungsgesellschaften seit Jahren rückläufig.

Doch in einer ausdauernden Niedrigzinsphase wie derzeit gelingt es den Versicherungen nur noch unter immer größer werdenden Mühen, den Garantiezins zu erwirtschaften. Denn obwohl sie als Langfristanleger geradezu prädestiniert wären, in Aktien zu investieren, haben die Lebensversicherer das Gros der Anlegermittel in Festverzinslichen angelegt, auch, aber längst nicht nur wegen regulatorischer Anforderungen.

Das Problem: Laufen alte, noch höher verzinste Papiere aus, sind bei Neuengagements nur noch mäßige Renditen zu erwirtschaften. Das macht das Produkt Lebensversicherung zunehmend unattraktiv.

Daher hat die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV), die berufsständische Vertretung der Versicherungs- und Finanzmathematiker, angeraten, den Rechnungszins ab 2015 auf maximal 1,25 Prozent abzusenken, rät aber dazu, die Lage an den Rentenmärkten im Lauf des Jahres nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls auch nur eine kleinere Senkung zu machen. Die Versicherungswirtschaft, aber auch der Bund der Versicherten halten den Schritt für übereilt.

Der neue, abermals niedrigere Satz würde dann für neu abgeschlossene Policen gelten. Der BdV weist allerdings darauf hin, dass auch Kunden des neuen Allianz-Produkts „Perspektive“ von der Absenkung betroffen wären.

So manches Tages- oder Festgeldprodukt wäre nach der Garantiezins-Senkung klar attraktiver, mal abgesehen davon, dass damit kein Todesfallschutz für Angehörige zu haben ist. Aber der lässt sich durch eine in der Regel deutlich kostengünstigere Risikolebensversicherung leicht herstellen. Die Versicherer wiederum werden dazu übergehen, noch stärker Produkte an Frau und Mann zu bringen, die ohne Garantien der bisherigen Prägung auskommen.

Letzten Endes entscheidet das Bundesfinanzministerium darüber, ob und wenn ja, in welcher Höhe, der Höchstrechnungszins verändert wird. Bislang folgte es oft, aber nicht immer der Empfehlung der DAV. Der Rechnungszins orientiert sich an der Entwicklung der Umlaufrendite von Staatsanleihen mit Spitzenrating im Euro-Raum in den vergangenen zehn Jahren – und „darf nicht mehr als 60 Prozent dieses Durchschnittszinssatzes betragen“, so Norbert Heinen, Chef der Württembergischen Lebensversicherung und Leiter der Gruppe Lebensversicherungen beim DAV.

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